Kann man sich den Traumjob in therapeutischen Berufen buchstäblich nicht mehr leisten und wird deshalb die Berufsgruppe der Physiotherapeuten bald aussterben?

Im Gesundheitswesen hat sich die Physiotherapie seit Anfang des 20. Jahrhunderts etabliert und entlang der Medizin entwickelt. Seit Mitte der 1990 er dient sie neben der Medizin dazu, Patienten zu therapieren. Seit 1972 ist die Sterberate höher als die Geburtenrate. Der Mensch wird immer älter, wohingegen die Zahl derer, die den älteren Menschen versorgen, pflegen oder therapieren sollen, immer geringer wird [1].

Derzeit herrscht ein akuter Fachkräftemangel in therapeutischen Berufen, mittlerweile in 10 von 16 Bundesländern [2]. Und obwohl offene Stellen dringend besetzt werden sollten, bleiben sie oft ein halbes Jahr unbesetzt. Dies hat zur Folge, dass Patienten teilweise sehr lange auf Ihre Behandlungen warten müssen, oder schlimmstenfalls sogar abgewiesen werden. Die auf dem Markt vorhandenen Physiotherapeuten arbeiten auf Hochtouren, absolvieren Überstunden und leiden unter Dauerstress, um Ihr Tagespensum an Patienten stemmen zu können. Arbeitgeber, die Ihre offenen Stellen nicht durch die händeringend gesuchten Fachkräfte besetzen können, haben somit nicht die Möglichkeit das Potenzial Ihres Unternehmens voll auszuschöpfen. Rückläufige Ausbildungszahlen stehen dem demografischen Wandel gegenüber, die Quote derer, die Ihre Ausbildung abbrechen, steigt zudem an [2].

Doch wo liegen die Gründe für den akuten Fachkräftemangel im Bereich des Berufs des Physiotherapeuten? Diese können vielfältig sein.

Die Therapeuten fühlen sich schlecht bezahlt und unter Dauerstress [3]. Wenn man von einer Vollzeitstelle mit 40 Wochenstunden ausgeht, erwirtschaftet ein Therapeut rund 46.- Euro pro Stunde bei einer 20- Minuten- Taktung[4]. Dies kann je nach Verteilung der Heilmittel und dem Patientenanteil in der Praxis variieren. Viele Therapeuten haben das Gefühl, nicht genügend Zeit für Ihre Patienten zu haben [4]. Hier könnten die Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen, die sich derzeit auf Rekordniveau befinden verwendet werden, um die Therapieberufe attraktiver zu machen [5].

Hinzu kommt, dass kleinere und mittlere Praxen in der Physiotherapie aus wirtschaftlicher Sicht kaum rentabel sind (Studie des Instituts für Gesundheitswirtschaft, Prof. Michael Reiher; Auftraggeber VDB- Physiotherapieverband). Viele der Selbständigen und deren Angestellten in den Therapieberufen werden später von der Altersarmut betroffen sein [6]. Außerdem wird über den massiven Rückgang der Schülerzahlen berichtet, da die Ausbildung zum Physiotherapeuten eigenfinanziert werden muss. Dies werde durch viele Schulleiter in Bayern bestätigt. Das Zertifikatssystem, das nur in der Physiotherapie vorherrscht, mindert außerdem die Attraktivität des Berufsbildes. Da sich viele Schulabgänger vor den Kosten, die sie erwartet scheuen, fordert der VDB- Physiotherapieverband als ersten Schritt dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, das Schulgeld abzuschaffen (VDB- Bundesvorsitzender Marcus Troidl). Zudem muss dafür gesorgt werden, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass die Attraktivität des Berufes wieder steigt (Landtagsabgeordnete Sylvia Stiersdorf) [6].


Quellen:
  • [1] Wikipedia
  • [2] Physiowissen.de
  • [3] Mitteldeutscher Rundfunk „Exakt“ vom 23.05.18
  • [4] die-gesundheitstrainer.de
  • [5] „Handelsblatt.de“ vom 04.09.2018 „Rücklagen der Krankenkassen übersteigen 20 Milliarden Euro“
  • [6] „Wochenblatt.de“ vom 24.07.18